Was passiert, wenn eine begnadete Berliner Ökoaktivistin und ein leidenschaftlicher Wiener Brotbäcker aufeinandertreffen? Sie verbinden das Sinnvolle mit dem Köstlichen und bugsieren einen zehn Tonnen schweren selbstgebauten Holzofen nach Berlin.
Als die beiden Visionäre Sarah Wiener und Helmut Gragger im Jahr 2011 aufeinandertrafen, entschieden sie gemeinsam, ihre Kunst des guten Brotes nach Berlin zu holen.
Ein Jahr später zog der Duft von frisch gebackenem Brot durch die Hinterhöfe und sorgte für so manchen neugierigen Gast in der Backstube. Dass in diesem Traditionsbetrieb Brote entstehen, die wie früher schmecken, hatte sich schnell herumgesprochen.
Mittlerweile backen in Berlin 13 Bäcker und vier Azubis die Wiener Brote. Für den begehrten Geschmack sorgen ausgesuchte Rohstoffe, viele davon in demeter-Qualität, ihr ausgefeiltes Mischverhältnis, die perfekte Zeit zum Gären und der Backvorgang bei milder Hitze. Dazu gehört echte Handwerkskunst mit viel Geduld, Erfahrung und Leidenschaft am ständigen Optimieren.
Die Bäckermeister legen Wert darauf, ihre Produkte langsam zu entwickeln, statt ständig Neues hervorzubringen.
„Ein gutes Brot geht in die Tiefe, nicht in die Breite.“,
sagt Helmut Gragger. Was er damit wirklich meint, versteht man wohl erst, wenn man eines der Brote probiert hat.
Mit ihrer Backphilosophie steuert Wiener Brot einer Entwicklung entgegen, die sie zunehmend in Bäckereien beobachten: Das Handwerk von Maschinen übernehmen zu lassen.
Damit entsteht die Gefahr, dass Teigrezepturen an die Maschinen angepasst werden und nicht umgekehrt. Aus Liebe zur Handwerkskunst hat sich Wiener Brot auf die Fahnen geschrieben, Maschinen niemals über die Entstehung eines Produktes entscheiden zu lassen, sondern diese nur als Unterstützung zu nutzen.
Als leidenschaftlicher Handwerksbetrieb nimmt Wiener Brot in Kauf, dass Arbeitsschritte mal länger dauern oder mehr menschliche Muskelkraft zum Einsatz gebracht werden muss.
Dass ihre Produkte am Ende keiner Norm entsprechen und jedes Brot, Brötchen oder Teilchen ein bisschen anders aussieht, das sieht Wiener Brot ohnehin eher als Qualitätsmerkmal.
Ist doch viel schöner, wenn auf dem Frühstückstischen der Stadt, individuell gebackene Brote duften, bei denen keins dem anderen gleicht, oder nicht?
Veröffentlicht am 27. März 2020