Raphael Fellmer rettet seit Jahren Lebensmittel aus der Tonne – mittlerweile sind es ganze LKW-Ladungen. Seine große Vision: Die Lebensmittelverschwendung zu beenden. Georg Kaiser, dem Geschäftsführer der BIO COMPANY, liegt das Thema Lebensmittelwertschätzung ebenfalls sehr am Herzen. Daher trafen sich beide im Frühjahr 2012 zum ersten persönlichen Gespräch. Raphael lebte damals bereits seit zwei Jahren im Geldstreik. Er nahm kein Geld an und gab auch keines aus. Damit wollte er ein Bewusstsein für Ressourcenverschwendung durch Lebensmittelwegwurf schaffen und gleichzeitig Lösungen gegen die Verschwendung etablieren.
Das Gespräch mit Georg Kaiser trug Früchte. Fortan durften Raphael und sein Team, die nicht mehr verkäuflichen, aber dennoch essbaren Lebensmittel von den BIO COMPANY-Märkten abholen. Die Lebensmittelretter-Bewegung war geboren. Aufgrund der abgeholten Lebensmittel bei allen BIO COMPANY-Märkten wurde der Bedarf an Biomülltonnen um bis zu 60 Prozent reduziert. Ein beachtliches Ergebnis. Durch das Spenden von Lebensmitteln an Lebensmittelretter, Tafel e.V. und andere Organisationen muss die BIO COMPANY praktisch nichts Genießbares mehr wegwerfen und ist damit zum Vorbild in der Lebensmittelbranche geworden.
Das Netzwerk der Lebensmittelretter ist stetig weiter gewachsen, so dass heute zusätzlich bei verschiedenen Bäckereien, Obstläden und andere Betrieben Lebensmittel vor der Mülltonne gerettet werden. Die positive Entwicklung führt schließlich dazu, dass 2014 Fellmers Netzwerk mit dem foodsharing e. V. fusionierte. Gegründet wurde dieser Verein von Valentin Thurn. Thurn verstärkte 2011 mit seinem Dokumentarfilm „Taste the Waste“ das Bewusstsein über Lebensmittelverschwendung.
Nach 5,5 Jahren beendete Fellmer schließlich seinen Geldstreik. Er kam zu der Erkenntnis, dass die Organisation der Lebensmittelverschwendung trotz aller Maßnahmen noch nicht gelöst ist – dabei gibt es bereits 30.000 aktivere LebensmittelretterInnen, 3.500 Kooperationsbetriebe und mehr als 100.000 Ehrenamtliche bei der Tafel, foodsharing und weiteren Organisationen. Noch immer landet die Hälfte aller Lebensmittel hierzulande in der Tonne. Dies entspricht etwa einer LKW-Ladung pro Minute.
Dies motivierte Raphal Fellmer Anfang 2017 dazu, unternehmerisch aktiv zu werden. Er gründete SirPlus – Berlins ersten Food Outlet Store mit Online-Shop und möchte somit gerettete Lebensmittel für alle anbieten. Das Berliner Start-Up will das Retten von Lebensmitteln aus der Nische holen und zum Mainstream für Verbraucher und Unternehmen machen. Für SirPlus kooperiert Fellmer mit Produzenten, Landwirten und Großhändlern, um die großen Mengen an überschüssigen Lebensmitteln wieder in den Kreislauf einzubinden. Das Besondere: Die Lebensmittel gibt es bei SirPlus bis zu 70 Prozent günstiger zu kaufen. Gleichzeitig wirbt SirPlus für die Genießbarkeit von nicht genormtem Obst und Gemüse sowie Produkten mit abgelaufenem Mindesthaltbarkeit. Auf diese Weise soll ein Bewusstsein für die Wertschätzung aller Lebensmittel geschaffen werden.
Für die kommenden Jahre sind 35 SirPlus-Läden und ein Franchise-Konzept in Planung. Auch Gastronomie und verarbeitende Betriebe sollen künftig Überschüsse kaufen können. Voraussichtlich Ende 2018 soll ein High-Tech-Marktplatz folgen, um Angebot und Nachfrage von überschüssigen Lebensmitteln zusammen zu bringen. Für gemeinnützige Organisationen soll die Nutzung der Plattform kostenfrei sein. Bereits heute spendet SirPlus 20 Prozent der geretteten Lebensmittel an gemeinnützige Vereine.
SirPlus Store,
Wilmersdorferstr. 59, 10627 Berlin
Mo-Sa. von 9.00 - 20.30 Uhr
Veröffentlicht am 09. Februar 2018