kennen Sie die Stichelei vom kreißenden Berg, der schließlich eine Maus gebiert? Wer mit viel Tamtam den großen Wurf beschwört, am Ende aber ein mickriges Ergebnis vorweist, muss sich so wenig schmeichelhafte Vergleiche wohl gefallen lassen. So, wie jetzt der EU-Agrarrat mit dem missglückten Versuch, die EU-Öko-Verordnung mittels „Totalrevision“ zu verbessern!
Nach „mehr und besseren Bio-Erzeugnissen“ strebe die Kommission, damit das „Vertrauen der Verbraucher“ gefestigt werde, hatte EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos als oberstes Ziel erklärt. Schaffen sollte das die komplette Neufassung des EU-Öko-Rechts, der sprichwörtlich kreißende Berg also. Den so in die Welt gesetzten Kommissionsentwurf beurteilen Sachverständige für besseres Öko-Recht nun jedoch als ungefähr so zweckdienlich wie die Maus vor dem Karren anstelle von Zugpferden!
Noch ist der von Ökoverbänden und Verbraucherschützern als untauglich kritisierte Entwurf nicht Grundlage des EU-Gesetzgebungsverfahrens. Käme es dazu, würde der Ökosektor durch geltendes Recht geschwächt, nicht gestärkt. Das zeigen Regelungs-Vorschläge wie diese schnell:
Beispiel gesetzliche Pestizid-Grenzwerte: Bisher gelten sie für Bio-Produkte wie für konventionelle. Mit neuen „biospezifischen Schwellenwerten“ stünde das Verursacherprinzip aber Kopf. Biobauern drohten zusätzliche Laborkosten und mit jeder Pestizidverwehung von konventionellen Nachbarn steigende Umsatzeinbußen. Der BNN, der die Verbrauchsicherheit schon lange mit eigenen Stichproben-Kontrollen gewährleistet, weiß, wie aufwendig dieses Verfahren jetzt bereits ist.
Beispiel Bio-Importregeln: Der Kommissions-Vorschlag, Ökoproduktion in Entwicklungsländern 100 % EU-Regeln aufzuerlegen, würde kleine Kooperationen ausbremsen und damit das Bioangebot in Europa einschränken.
Beispiel Öko-Kontrolle: Werden die Regeln für die Bio-Kontrolle wie geplant in die Vorschriften für die allgemeine Lebensmittelkontrolle verlagert, ist auch deren biospezifischer, prozessorientierter Kontrollansatz nicht mehr gesichert, zum Nachteil der Verbraucher!
Nichts von all dem ist geeignet, den Biosektor und das Verbrauchervertrauen zu fördern, wie es den erklärten Absichten des EU-Agrarrats entspräche. Ich bin deshalb froh, dass die Bio-Branche geschlossen in ihrer Ablehnung der Totalrevision ist und dabei auch den deutschen Agrarminister an ihrer Seite weiß.
Gut zu wissen auch, dass der Entwurf weder im Agrarausschuss des EU-Parlaments noch im Agrarministerrat konsensfähig scheint.
Dass die vernünftige Weiterentwicklung von Bestehendem und Bewährtem einem guten Bio-Recht mehr dient, als ein übereilter, handwerklich schlecht gemachter Kompromiss, liegt auf der Hand. Bleibt zu hoffen, dass wir uns bald wieder uneingeschränkt auf Ersteres konzentrieren können!
Es grüßt Sie herzlich
Ihr Georg Kaiser
Geschäftsführer der BIO COMPANY