Liebe Kund*innen!
„Stoppt den Irrweg!“ schnaubte die Interessengemeinschaft der deutschen Schweinehalter und fuhr schweres Geschütz auf gegen den Berliner Senator für Justiz und Verbraucherschutz: Dirk Behrendt lege mit seiner (im Herbst 2017 eingereichten) Klage gegen die bundesrechtlichen Vorschriften zur Schweinehaltung in Deutschland jegliche Weiterentwicklung der Tierhaltung auf Eis, vernichte Landwirtschaft und setze damit die Zukunft des ländlichen Raums aufs Spiel!
Ich vermute, der Senator wäre froh, hätte er tatsächlich so viel Einfluss auf die deutsche Landwirtschaft. Vielleicht würde dann noch mehr geradegerückt, was im agrarindustriellen System derzeit schrecklich schief läuft. Nicht nur die unhaltbare „Sauerei“, als die Kritiker die Zustände in der konventionellen Schweinemast bezeichnen.
Hintergrund der Klage war ein Rechtsgutachten, das Greenpeace zuvor veröffentlicht hatte. Darin stellen die Gutachter nicht nur fest, dass es die jetzt geltenden Vorschriften durchaus zulassen, Schweine ohne genügendes Platzangebot, ohne separate Liegeplätze und ohne ausreichende Beschäftigungsmöglichkeiten zu halten, was ihre artgemäßen Grundbedürfnisse gründlich missachtet. Sondern auch, dass Schweinemäster sogar mit Recht behaupten können, vorschriftsgemäß zu handeln, obwohl solche Haltungsbedingungen offensichtlich gegen die im Grundgesetz und in der Berliner Landesverfassung formulierten Tierschutzparagraphen verstoßen.
Genau darum geht es den Klägern: offiziell feststellen zu lassen, dass diese weit verbreitete, oft mit wirtschaftlichen Zwängen begründete und daher als üblich tolerierte Praxis tatsächlich ein unhaltbarer Rechtsbruch ist. Deshalb haben sie ein „Normenkontrollverfahren“ vor dem Bundesverfassungsgericht beantragt. Eine rechtliche Prüfung, die klären kann, was in Zukunft in Sachen Tierschutz bei uns als „normal“ gelten darf und was nicht.
Hoffen wir mal, dass sich die Bundesverfassungs-Richter von unsachlicher „Irrweg“-Kritik so wenig beeindrucken lassen wie von dem lachhaften Einwand, Berlin habe doch gar keine Schweinehalter, also auch keinen Klagegrund. Dem stehen dreieinhalb Millionen Konsument*innen entgegen, die mit Recht erwarten, dass Tierschutz auch und gerade in großen Mastbetrieben sehr ernst genommen und vom Gesetzgeber lückenlos überwacht wird.
Wer, wenn überhaupt, nur Bioschnitzel brät, hat der Tierquälerei in vielen deutschen Schweinemastanlagen zwar schon eine persönliche Absage erteilt. Einen höchstrichterlichen Spruch, der die gesetzwidrige Qualpraxis konventioneller Schweinemäster für alle verbindlich beendet, werden aber Fleischgenießer wie Vegetarier*innen in seltener Einigkeit begrüßen. Wäre er doch in jedem Fall ein gutes Zeichen für den zukunftsfähigen Wandel unseres Ernährungssystems!
Ihr Georg Kaiser
Geschäftsführer der BIO COMPANY
-------------
Weitere Infos
Informieren Sie sich über die Grundlagen der ökologischen Schweinehaltung auf oekolandbau.de, dem Informationsportal der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung
Veröffentlicht am 31. Juli 2018