Ayurveda – ein Begriff, den man immer öfter zu Ohren bekommt. Ob im Wellnessbereich, im Teesortiment, in Ihrem Biomarkt oder im ganz normalen Alltag. Stets taucht er auf. Aber was bedeutet Ayurveda überhaupt und welches Konzept steckt dahinter? Wir haben uns einen Experten gesucht – einer der bekanntesten Ayurvedaköche hierzulande und der erfolgreichste Ayurveda Autor der letzten Jahre, der mit voller Begeisterung sein Wissen vom Ayurveda in heimische Gerichte zaubert und sich als Aufgabe genommen hat, die ayurvedische Ernährungsweise und das damit zusammenhängende Wohlbefinden und Glück mit uns und der Menschheit zu teilen. Mit einem exklusiven Interview beginnen wir unsere Reise zu ayurvedischen Ufern und werden angereichert mit Tipps und Tricks abzutauchen in die Welt der Ayurveda.
Ayurveda ist die Bezeichnung einer etwa fünftausend Jahre alten Gesundheitslehre, die aus dem Himalaya stammt. Wie ist es dazu gekommen, Ayurveda-Koch zu werden und diese Lehre weiter reichen zu wollen?
„Spiritualität hat mich schon immer fasziniert. Aber erst als mein Vater schwer erkrankte und eine seltene Verbindung von Knochen- und Blutkrebs diagnostiziert wurde, habe ich mich intensiv mit alternativen Heilmethoden beschäftigt und alles gelesen, was ich in die Finger bekam. Dank praktischer Heilmethode, hatten wir noch elf Jahre, anstatt sechs Monate. Überzeugt hat mich, dass für jeden Lebensbereich etwas dabei ist; nicht nur auf die Ernährung bezogen. So bin ich zur Ayurveda gekommen und bei ihr geblieben.“
Kannst Du uns erklären, worum es im Ayurveda überhaupt geht?
„Ayurveda beschäftigt sich mir dem Wissen des Lebens. Darum, dass man die Geschehnisse und Logik der Natur auf den Alltag überträgt. Der Mensch sieht sich nicht losgelöst davon, sondern als ein Teil und versucht diese Kraft zu nutzen, mit der Zielsetzung für eine lange und stabile Gesundheit.“
Wie funktioniert die ayurvedische Ernährung? Welche Rolle spielen hierbei die drei Doshas Vatta, Pitta und Kapha?
„Beim Ayurveda bringt man Ernährung auf die nächste Stufe und beleuchtet Eigenschaften wie süß, sauer, austrocknend, befeuchtend und scharf. Kalorien und andere Inhaltsstoffe spielen keine Rolle. Wichtig ist, dass alle Mahlzeiten warm zu sich genommen werden - dies ist wahnsinnig entlastend für Körper und Geist. Die Doshas spielen primär erst einmal keine große Rolle. Da wäre man beim dritten Schritt statt beim Ersten! Eigentlich werden die Doshas erst interessant, wenn eine Krankheit vorliegt. In dem Fall wäre es therapeutisch förderlich zu schauen, welcher Typ aus dem Gleichgewicht geraten ist. Aber fürs Erste verwirrt das viel zu sehr und tut auch in der Praxis erst einmal nichts zur Sache. Je länger ich mich damit beschäftige, desto mehr komme ich auf die einfachen Dinge zurück.“
Bedeutet eine Umstellung zur ayurvedischen Lebensweise auch gleichzeitig eine Umstellung zur vegetarischen oder veganen Lebensweise?
„Die Leute können sich entspannen – man muss sich nicht entscheiden, ob man Ayurveda leben oder ‚normal‘ essen will. Meine Gerichte sind alle vegetarisch, aber Ayurveda ist vom Grundsatz her eine komplexe Medizin, bei der es darum geht den Körper mit der nötigen Energie zu versorgen, und keine Ideologie. Für eine stabile Gesundheit gibt es im Ayurveda sehr wohl den Aspekt einer ethisch-moralischen Lebensführung. Ayurveda stellt sich da jetzt aber nicht hin, hebt den Finger und sagt: ‚Du musst es so oder so machen!‘. Das bleibt jedem selbst überlassen.“
Die ayurvedische Küche besteht bekanntlich aus vielen exotischen Gewürzen und Zutaten. Ist es möglich, diese Rezepte alltagstauglicher zu gestalten und auf heimische Produkte umzusteigen?
„Ja, ganz klar. Es geht beim Ayurveda um die Grundprinzipien und nicht um exotische Zutaten. Deshalb ist mein Standardspruch: ‚Eine Kartoffelsuppe ist ja auch Ayurveda.‘. Grundprinzipien sind, dass es warm ist, leicht zu verdauen und alle 6 Geschmäcker kombiniert. Es geht also viel mehr um die Grundidee und nicht um einzelne Zutaten. Von daher kann man auch perfekt ayurvedisch kochen ohne ein einziges exotisches Gewürz in der Küche stehen zu haben. Und das ist ja auch ein bisschen meine Aufgabe: Dieses exotische Essen vom Ayurveda greifbar zu machen.“
Was hat sich für Dich persönlich geändert mit der Umstellung zu der ayurvedischen Lebensweise?
„Die Umstellung zu merken, mit wie wenig man satt sein kann, fand ich für mich persönlich mit am Spannendsten, weil es sich auch auf andere Lebensbereiche übertragen hat. Im Ayurveda wird empfohlen, nur das zu essen, was in beide Handflächen passt. Das ist eine Reduzierung im positiven Sinne und hat nichts mit Fasten zu tun. Quasi ein Umstieg von Altöl auf Kerosin. Du brauchst viel weniger, aber das was du zu dir nimmst, hat viel mehr Inhalt und Energie. Und das war auch das Erste was ich gemerkt habe, dass ich viel weniger brauche, um satt und zufrieden zu sein.“
Neben herausgebrachten Büchern, Yogareisen nach Andalusien, Kochkursen in verschiedensten Städten, zahlreichen Messeauftritten und Interviews engagierst Du Dich auch noch viel im sozialen Bereich. Wie ist es möglich, die ayurvedische Lebensweise trotz eines sehr aktiven und mobilen Lebensstils beizubehalten?
„Das verträgt sich ganz gut mit dem was um mich herumgeschieht, vor allem durch die Setzung von Prioritäten und meiner eigenen Organisation. Es ist also kein Widerspruch oder eine große Herausforderung, sondern eine Selbstverständlichkeit, die Lebensweise in den Alltag mit einzubeziehen, egal wie aktiv und mobil man ist, auch weil ich das große Glück habe, dass ich meine Leidenschaft zum Beruf machen konnte.“
Im kommenden Jahr blicken wir mit Vorfreude auf eine Zusammenarbeit mit Dir in Bezug auf Tipps & Tricks für die Einbringung vom Ayurveda in die heimische Küche. In welcher Relation steht lokales Kaufen und Essen mit Ayurveda überhaupt?
„Du hast im Ayurveda einfach schon immer geschaut, was um dich herum passiert. Und das gilt natürlich auch für die Lebensmittel. Vor allem im Ursprung sollte man sich fragen, ob man etwas gebraucht, das auch gerade in der Saison wächst. Von daher war Ayurveda schon immer sehr regional und saisonal, weil Zutaten genommen werden, die gerade von der Natur geliefert werden können.“
Vor- und Zuname: Volker Mehl
Beruf: Ayurveda-Koch, Yogalehrer und Buchautor
Wohnort: Wuppertal
Lieblingsort: Kothener Wald in Wuppertal
Hobbys & Beschäftigungen: Ich habe das große Glück, dass mein Hobby mein Beruf ist, ansonsten reise und esse ich natürlich sehr gerne.
Lieblingsgericht: Wechselt schon mal, aber Pflaumenkuchen und frische Gemüsesuppe sind schon Klassiker.
Besondere Auszeichnungen: Unter anderem der Gourmand World Cookbook Award 2015 für das beste Indien Kochbuch Deutschlands.
Lieblingsmusikrichtung: Die alten Sachen von Depeche Mode, Söhne Mannheims, Elektro und alles Handgemachte.
Wo ich mich in zehn Jahren sehe: Hoffentlich nicht allzu weit weg von heute!
Worauf ich ganz besonders stolz bin: Dass ich mir immer selber treu geblieben bin.
Lebensmotto: Am Abend deines Lebens wirst du nach der Liebe gefragt.
Vielen Dank für das Interview. Wir freuen uns sehr auf 2016 mit Dir!
Veröffentlicht am 03. November 2015